Expeditionsleiterin Mariam Pousa “Die Natur der abgelegenen Orte, die wir besuchen, ist unberechenbar – aber genau das macht sie so besonders!“
Wie sprechen mit Swan Hellenics Expeditionsleiterin Mariam Pousa über lebensverändernde Abenteuer, sich ständig wandelnde Umgebungen und mehr…
Hallo Mariam, kannst du uns erzählen, wie es ist, Expeditionsleiterin zu sein?
Mariam: Natürlich! Was ich an meiner Rolle als Expeditionsleiterin am meisten liebe, ist unseren Gasten unvergessliche Momente zu ermöglichen – besonders mit dem Wissen, dass dies für viele eine einmalige Reise ist. Keine zwei Expeditionen gleichen einander, und genau das macht diese Arbeit so spannend. Für mich bedeutet Führung vor allem, ein starkes Team aufzubauen und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder sein Bestes geben kann. Ich sehen meine Aufgabe, darin, das Team zu unterstutzen, damit wir gemeinsam ein außergewöhnliches Erlebnis schaffen können – schließlich ist es immer eine Teamleistung. Gleichzeitig tragt die Expeditionsleiterin jedoch auch die Verantwortung zu reagieren und einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.
Wie hast du deine Karriere als Reiseleiterin begonnen?
Mariam: Ich habe schon als Teenager mit dem Führen begonnen – in meinem Sommerjob leitete ich Reittouren. Als ich zwanzig war, wurde ich eingeladen, bei einem Segeltörn zur Antarktischen Halbinsel zu helfen. Ich war seit meiner Kindheit fasziniert von den Entdeckern der Antarktis – und plötzlich segelte ich durch die Orte, über die ich so oft gelesen hatte! Von da an verbrachte ich jeden Sommer mit der Unterstützung von Bergenexpeditionen und der Teilnehme an Outdoor-Kursen – immer auf der Suche nach einem Weg zurück in die Antarktis. Nach meinem Abschluss und meiner Rückkehr nach Ushuaia erwähnte ein Freund, dass eine Reederei eine Historikerin suchte. Mit meinem Studium im Bereich kulturelles Erbe war ich wie geschaffen dafür – und ich habe es nie bereit!
Wie hat deine Herkunft aus Ushuaia, Argentinien, deine Beziehung zur Natur und Wildnis geprägt?
Mariam: Vor gut Dreißig Jahren war Ushuaia noch eine deutlich kleinere Stadt – es gab nur eine Ampel, kaum Flugverbindungen und begrenzten Zugang zum Fernsehen. Ohne diese Ablenkungen verbrachten wir unsere Ferien mit Zelten im Wald, Segeln auf dem Beagle-Kanal oder dem Besteigen kleinerer Gipfel der Anden. Meine erste Campingreise machte ich mit acht Monaten! In einer so abgelegenen Gegend aufzuwachsen, umgeben von unberührter Natur und einer engen Gemeinschaft, hat es mit leicht gemacht, eine tiefe Verbundenheit mit der Umwelt zu entwickeln. Die Nähe zu Wildnis hat meine Wertschätzung für die Natur stark geprägt und letztlich meinen Lebensweg bestimmt.
Erzählen Sie und von Ihrer Leidenschaft für den Denkmalschutz und wie Sie diese in Ihrer Arbeit bei der UNESCO-Stiftung in Lateinamerika einbringen.
Marina: Auch während meiner Tätigkeit als Reiseleiterin habe ich meine akademische Seite nie ganz abgelegt. Ich bin Restauratorin für Kulturguter in entlegenen Regionen und im maritimen Kontext. In der Nebensaison widme ich mich intensiv der Forschung – mitunter im wahrsten Sinne des Wortes tauche ich dabei ab – und bilde Archäologinnen und Archäologen im Auftrag der UNESCO darin aus, wie sie Funde bergen, ohne sie unbeabsichtigt zu zerstören. Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass Artefakte nicht zerfallen, sobald sie aus dem Wasser geholt werden. Schiffswracks sind faszinierende Zeitkapseln – oft findet man dort intaktes Holz, merkwürdig korrodiertes Metall, mitunter sogar Lebensmittel oder Textilien. Die Herausforderung besteht darin, diese Objekte zu erhalten und gleichzeitig ihre Geschichte zu entschlüsseln: Wie wurde das Schiff gebaut? Welche Routen befuhr es? Was aß man an Bord? Der schönste Moment ist jener, in dem man ein Objekt in Händen hält, das zuletzt vor Jahrhundert von einem Seemann berührt wurde – ein echtes Stück greifbarer Geschichte.
Im Geist der Expedition leben
Sie haben Erfahrung als Vortragende bei Swan Hellenic. Welche Herausforderungen bringt diese Rolle mit sich?
Mariam: Die Herausforderung besteht darin, Vortrage gleichermaßen informativ und unterhaltsam zu gestalten. Da wir oft direkt über das sprechen, was sich draußen vor unsren Augen abspielt, ist es mein Ziel, unsere Gäste zu inspirieren, über die Landschaft hinauszublicken – um das Verhalten der Tiere, historische Zusammenhänge und die Geschichten eines bestimmten Ortes zu verstehen. Ein guter Vortag sollte Wissen vermitteln und gleichzeitig fesseln, sodass die Gäste das Erlebte mit dem Gehörten in Verbringung bringen können. Jeder Vortrag ist einzigartig – selbst, wenn er gut vorbereitet ist – denn ich passe ihn stets an das Publikum und die gemeinsame Erfahrung auf der Reise an. Das halt es für mich spannend und macht jede Expedition zu einem geteilten Abenteuer.
Welche historischen Geschichten haben Sie auf Ihren Reisen besonders beeindruckt?
Mariam: Eine der faszinierendsten historischen Geschichten, an die ich oft während meiner Reisen denke, ist die Belgica-Expedition in der Antarktis. Es war auch Roalds Amundsens erste Erfahrung in der Polarregion – er war damals noch kein legendarer Entdecker, sondern ein Lernender. Während des Überwinterns im Eis studierte er alles: das Wetter, die Tierwelt, Überlebenstechniken und sogar, wie man besser Ski fahr. Diese Expedition war seine Schule – unter den härtesten Bedingungen überhaupt. Daran denke ich oft, wenn ich an Deck stehe und den Wind spure: an die extremen Herausforderungen, die er gemeistert hat. Amundsen wurde nicht im Moment des Triumphs zum Entdecker, sondern in der Phase der Vorbereitung.
Wie koordinieren Sie eine erfolgreiche Expedition?
Mariam: Teamarbeit ist das Fundament jeder gelungenen Reise. Von der Brucke bis zu Kombüse – jede Abteilung tragt dazu bei, unseren Gästen ein außergewöhnliches Erlebnis zu bieten. Bei Expeditionen ist ständig Kommunikation unerlässlich. Sie ermöglicht es uns, schnell zu reagieren, unsere Plane abzustimmen und gemeinsam fundierte Entscheidungen zu treffen. Wenn zum Beispiel ein Eisbär in der Nähe des Schiffs auftaucht, stimme ich mich mit dem Kapitän zu sicherer Positionierung ab, informiere das Restaurant über eventuelle Zeitverschiebungen und sorge dafür, dass alle Beteiligten koordiniert handeln – damit unsere Gäste nichts verpassen. Solch eine Zusammenarbeit stellt sicher, dass alles reibungslos verläuft, selbst wenn die Natur Überraschungen bereithalt. Dann wird ein unerwarteter Moment zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Welche Herausforderungen bringt Ihre Arbeit mit sich?
Mariam: Eine Expedition zu leiten ist wie ein Schachspiel – man muss vorausdenken und gleichzeitig flexibel auf die Unwägbarkeiten der Natur reagieren. Die größte Herausforderung besteht darin, Flexibilität mit vorausschauender Planung in Einklang zu bringen. Es ist entscheidend, mehrere Szenarien vorbereitet zu haben und Veränderungen nicht als Störung, sondern als Chance zu begreifen.
Erstaunliche Abenteuer
Welche abgelegenen Orte besuchen Sie gerne außerhalb von Expeditionen?
Mariam: Wenn ich keine Expedition leite, breche ich oft selbst zu Erkundungstouren auf! Ich verspüre ein ständiges Bedürfnis, neue Ökosysteme zu entdecken – insbesondere, um Wildtiere zu beobachten, die vom Aussterben bedroht sind. Ich bin beispielweise gereist, um die am stärksten gefährdete Schweinswalart der Welt, die Vaquita, im Golf von Kalifornien zu sehen, sowie die Saiga-Antilope in Zentralasien, die von Naturschützern verzweifelt von Wilderei und Lebensraumverlust geschützt wird. Die Welt verändert sich rasant, und ich empfinde eine Dringlichkeit, diese Veränderungen mitzuerleben – um zu verstehen, wie Gemeinschaften darum kämpfen, das zu bewahren, was noch übrig ist, bevor es zu spät ist. Wissen ist dabei der Schlüssel – denn je mehr wir lernen, desto mehr können wir weitergeben und das Bewusstsein für den Schutz dieser empfindlichen Ökosysteme starken.
Wie überrascht die lokale Tierwelt manchmal die Gäste von Swan Hellenic?
Mariam: Es sind oft die kleinen Dinge, die unsere Gäste am meisten überraschen. Viele erwarten zum Beispiel nicht. Das Robben so amüsant sind – sie haben richtige Persönlichkeiten! Pinguine erobern mit ihrer unwiderstehlichen Niedlichkeit stets die Herzen. Und natürlich sind Wale so majestätisch, dass sie die Menschen in Ehrfurcht versetzen. Ihre sanfte Art und ihre anmutige Erscheinung, besonders wenn sie in der Nähe der Zodiacs schwimmen, schaffen ein tiefes Gefühl der Verbundenheit. Viele Gäste sind auch tief beeindruckt von der gewaltigen Größe und Kraft der Gletscher. Es ist ein Moment der Besinnung – über die Zeit und die Weite der Natur. Der Anblick des tiefblauen Eises ist wie eine Zeitreise – fast wie ein Blick in die Sterne – denn man sieht etwas, das vor Jahrtausenden entstanden ist.
Sie sin Wanderin und Kletterin – welche Lieblingsorte haben Sie auf Ihren Reisen entdeckt?
Mariam: Meine Lieblingsorte sind die patagonischen Berge – wie das kleine Dorf El Chaltén oder die Granitspitzen des Cerro Catedral bei Bariloche in Argentinien – sowie die französischen Alpen in der Zwischensaison, wenn ich so viel wie möglich klettern und Ski fahren kann! Allein das Geräusch der Metallausrüstung an meinem Klettergurt oder mein Gesicht bedeckt von Pulverschnee mit einer atemberaubenden Aussicht im Hintergrund zaubert mir gerade ein Lächeln ins Gesicht. Die Berge sind mein idealer Urlaubsort!
Was ist Ihre liebste Art von Expedition?
Mariam: Am meisten Freude bereitet es mit, gemeinsam mit unseren Gasten zu wandern und über die üblichen Anlande stellen hinauszugehen. Unser Motto „See what others don’t“ bringt diese Leidenschaft perfekt auf den Punkt. Besonders gerne reise ich mit Swan Hellenic nach Sudgeorgien, wo wir Wanderungen planen und durchführen, die unsere Gäste tiefer in die Landschaft fuhren – stets mit höchster Priorität auf Sicherheit und dem Ziel, außergewöhnliche Abenteuer zu ermöglichen!
Ein bleibender Eindruck
Haben Gäste manchmal falsche Vorstellungen über die Orte, die wie besuchen?
Mariam: Manche Gäste reisen mit der Vorstellung an, dass die Polarregionen zeitlos und unverändert seien – wie die dunkle Seite des Mondes. Doch sobald sie dort ankommen, sind sie überrascht, wie dynamisch diese Umgebung tatsachlich ist. Pinguine treffen ein, Wale tauschen auf, und das Wetter kann sich innerhalb von nur dreißig Minute drastisch andern – von Sonnenschein zu Sturm. Viele staunen darüber, wie lebendig die Ökosysteme und Landschaften sind. Die Abgeschiedenheit und Wildheit sind zwar offensichtlich, doch die wahre Dynamik der Polarregionen überrascht viele.
Welche Botschaft hoffen Sie, dass Gaste aus den Expeditionen mitnehmen?
Mariam: Die Gäste kommen aus unterschiedlichen Gründen in die Wildnis und die in die Polarregionen – manche, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen, andere auf der Suche nach etwas Unerwartetem. Ich höre genau hin, was sie sich wünschen, und versuche, ihnen ein möglichst passendes Erlebnis zu bieten. Meine Hoffnung ist, dass sie mit einem tieferen Bewusstsein für die Schönheit, Zerbrechlichkeit und Einzigartigkeit der polaren Ökosysteme in ihr städtisches Leben zurückkehren.
Welche Ratschläge wurden Sie angehenden Expeditionsleitern geben?
Mariam: Mein Rat ist, die Neugier in sich selbst, bei den Gasten und im Team zu fordern. Die Natur der abgelegenen Orte, die wir bereisen, ist unvorhersehbar – doch gerade das macht sie so besonders. Daher ist es wichtig, Flexibilität zuzulassen und gleichzeitig tiefen Respekt für die Regionen zu entwickeln, die man erkundet. Vertrauen Sie auf Ihre Erfahrung und bewahren Sie sich eine lernbereite Haltung – sie ist ein echter Gewinn. Bleiben Sie bescheiden hören Sie aufmerksam zu und verlieren Sie nie den Blick für das große Ganze.