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Sue Walsh: Der Zauber der Vogelbeobachtung auf See

Die Dozentin und akkreditierte Vogelberingerin Sue Walsh spricht mit uns über ihren Weg zur Ornithologie, die Kunst des Beringens und darüber, worauf sich Gaste bei der Vogeln Beobachtung an Bord unserer Schiffe freuen können.

Hallo Sue, wie sind Sie ursprünglich zur Ornithologie gekommen?

Sue: Ich bin in London aufgewachsen, ohne wirkliches Wissen oder Interessen an der Natur um mich herum. Dennoch begann ich ein Geologie Studium and der Universität – und das veränderte, wie sie entstanden war. Erst in meinen Dreißigern entwickelte ich ein Interesse an Vogeln. Ich zeltete in Schottland und trat eines Morgens aus meinem Zelt – da sah ich einen Vogel auf dem Pfad. Ich fragte mich, um welche Art es ich handeln konnte, kaufte mit ein Vogelbuch und ein Fernglas für 30 Pfund. Der Vogel stellte sich als Buchfink heraus. Das war der Anfang meiner Begeisterung für Vogel. Mittelweile habe ich weltweit fast sechstausend Vogelarten gesehen. Den alten „Collins Bord Guide“ besitze ich noch immer – das Fernglas jedoch ist längste ausgemustert und wurde mehrfach ersetzt – mit Modellen, die weitaus teurer waren als 30 Pfund!

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Wie wird man Vogelberingerin?

Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der Jahre entwickelt?

Sue: Durch meine Zeit im Freien bei der Vogelbeobachtung lernte ich nach und nach auch die übrige Flora und Fauna kennen. Als ich 2013 begann, auf Schiffen zu arbeiten, find ich an mich auf für die Lebewesen des Meeres zu interessieren. Heute sind Vögel nach wie vor mein Spezialgebiet, doch halte ich Vorträge über alle Aspekte der Tierwelt.

Bitte erläutern Sie, was es bedeutet, eine akkreditierter Vogelberingerin zu sein und welche besonderen Erfahrungen Sie dadurch gemacht haben.

Sue: Ich bin eine akkreditierte Vogelberingering. Wir fangen Vogel in der Regel mit feinen Netzreihen und bringen anschließend einen Ring mit einer individuellen Identifikationsnummer an. Dabei nehmen wir verschiedene Messungen vor und erfassen Informationen über den Vogel – etwa Art, Alter, Mauserstadium, Brutkondition usw. Danach wird der Vogel wieder freigelassen. Wird derselbe Vogel später erneut gefangen, können wir darauf Ruckschlusse auf sein Leben und seine Wanderbewegungen sowie die der gesamten Art ziehen. Die wissenschaftliche Vogelberingung ermöglicht ein wesentlich tieferes Verständnis dafür, wie Vogel leben. In der Regle berge ich gemeinsam mit einer Gruppe in Sussex, wo ich auch wohne. Aber ich haben auch Ausland mit anderen Gruppen beringt – etwa in Gibraltar, der Türkei und Israel. Diese Erfahrungen haben es mir ermöglicht, meine Kenntnisse zu erweitern und unterschiedliche Arten zu bringen.

Wie schaffen sie es, Ihre Vortage so spannend und fesselnd zu gestalten?!

Sue: Wenn ich an Bord Vorträge halte, merke ich, dass meine Leidenschaft und mein persönliches Interesse an den Themen die Menschen erreicht. Auch ein gewisser Humor tragt dazu bei. Ich baue gewöhnlich immer etwas ein, das die Zuhörer zum Schmunzeln bringt. Ich sehne mich sowohl als Informationsvermittlerin als auch als Unterhalterin. Ich versuche aus stets, interessante Fakten über das Leben der Vogel einzubauen – es ist faszinierend, wie sich Lebewesen an ihre Umwelt anpassen. Jede Art ist einzigartig. Ich habe eine Vielzahl an Vortagen – nicht nur über die Tierwelt. Ich spreche auch über Geschichten Geologie, Kulinarik und weitere Aspekte unserer Reiseziele – alles, was für die Gaste von Interesse sein konnte. Zudem halte ich mehrerer Vortage mit „10 Tipps“ – etwa zum Thema Langlebigkeit, wie man sein Gedächtnis verbessern kann usw., gefüllt mit praktischen Ratschlägen und amüsanten Anekdoten.

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Wann und wo an Bord ist während Expeditionen die beste Zeit und der beste Ort zur Vogelbeobachtung?

Sue: Auf See mehr Zeit man an Deck mit der Beobachtung von Wildtieren verbringt, desto mehr wird man entdecken. Es gibt keine bestimmte Tageszeit, die sich besonders dafür eignet – Tiere können jederzeit escheinen. Est ist äußerst entspannend, auf das Meer zu blicken und – insbesondere bei Meeressäugern – darauf zu warten, dass das Wasser seine Geheimnisse preisgibt. Der beste Ort für Beobachtungen ist vorne in Fahrtrichtung. Dort hat man die beste Sicht. Allerdings ist es dort oft windig, weshalb ich mich meistens am Heck des Schiffes aufhalte, wo es windgeschützter ist.

Welche Empfehlungen geben Sie Gästen, die Ihre Vogelbeobachtungserlebnisse maximieren möchten?

Die Antarktis ist immer aufregend und gehört zu den außergewöhnlichsten Erlebnissen auf diesem Planeten. Schon während der Überquerung der Drake-Passagelassen sich Albatrosse beobachten, die mit ihren gewaltigen Flügelspannweiten von bis zu 3,6 Metern mühelos am Schiff vorbeisegeln. Außerdem sieht man winzige Sturmvogel, die flatternd das Schiff begleite und ihre Füße ins Wasser tauchen, um die Oberflache zu stören und Nahrung zu finden. Riesensturmvogel folgen dem Schiff, überqueren mehrfach unseren Kielwasserstreifen auf der Suche nach Nahrung, die durch die Schiffsschrauben aufgewirbelt wurde, und fixieren uns mit ihren durchdringenden Augen, während sie vorbeischweben. In der Antarktis selbst erwarten uns die Pinguine – manchmal in Kolonien von Tausenden, während sie im antarktischen Sommer brüten. Man sieht sie beim Bebrüten der Eier, später bei der Aufzucht der Küken, und dabei, wie sie diese vor den Skuas zu schützen versuchen – Raubvogeln, die die Kolonien patrouillieren auf eine Gelegenheit lauern, ein Ei oder ein Küken zu stehlen. Auch auf dem Land und im Wasser gibt es zahlreiche Räuber, wie Leopardenrobben oder Orcas, die auf einen „Pinguinsnack“ hoffen. All das spielt sich vor einer dramatischen Kulisse aus Eis, Schnee und Fels ab – ein unvergleichliches Erlebnis. Insgesamt habe ich während vier Antarktis-Saisons etwa ein Jahr dort verbracht, und jede Reise was aufs Neue spannende, mit immer wieder neuen Beobachtungen.

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Welche bevorstehenden Reisen haben Sie geplant und worauf freuen Sie sich dabei am meisten?

Sue: Dieses Jahr reise ich nach Grönland. Auch dies ist einer meiner Lieblingsorte, den ich bereits mehrfach besucht habe. Anstelle von Pinguinen findet man hier Alkenvögel, die im Wasser schwimmen und an den Klippen brüten, sowie Adler, die majestätisch am Himmel kreisen. Auch die Wale sind beeindruckend zu beobachten, ebenso wie interessante Saugetiere wie Moschusochsen und arktische Schneehasen. Kultur, Kunst und Schmuck verleihen dieser faszinierenden Region der Welt eine zusätzliche Dimension. 

Nützliche Hilfsmittel für die Vogelbeobachtung

Gäste, die mit Swan Hellenic Reisen, dürfen Nikon Prostaff £S 10x42-Fernglaser verwenden. Können Sie und erklären, warum diese besonders nützlich sind?

Sue: An Bord der Schiffe von Swan Hellenic erhalten Sie ein Fernglas. Bitte nehmen Sie dieses bei jedem Gang an Deck oder an Land mit. Damit können Sie deutlich mehr entdecken und die verschiedenen Arten besser unterscheiden. Sollten Sie noch nicht mit dem Gebrauch eines Fernglases vertraut sein, nehmen Sie sich etwas Zeit, um sich damit vertraut zu machen – insbesondere mit dem Auffinden und Scharfstellen eines Objekts. Die beste Methode ist, draußen ein unbewegliches Objekt – beispielsweise ein Teil des Schiffes – zu fokussieren und zu üben. Die Tierwelt zeigt sich oft nur für Kürze Zeit, und Sie mochten sie in dem Moment gut erkenne können.

Wie bereiten Sie sich auf verschiedene Ökosysteme und die jeweils dort vorkommenden Vogelarten vor?

Sue: Die beste Vorbereitung zur Beobachtung der Tierwelt auf Ihrer Reise ist die Anschaffung eines Feldführers für das jeweilige Zielland. Dies kann sich auf Vogel, Meeressauger oder die Flora beziehen. Es gibt selbstverständlich auch zahlreiche Apps, die sehr hilfreich sind und das Mitfuhren schwerer Bucher überflüssig machen. Für die Vogelbeobachtung hat sich der „Merlin Bird Guide“ sehr bewahrt – ich selbst nutze ihn zur Bestimmung von Vogelrufen im Gelände. Die App verfügt zudem über eine Funktion zur Erkennung von Vogelrufen und -gesängen und informiert Sie darüber, welche Arten Sie gerade hören. Für die meisten Artengruppen und insbesondere für Pflanzen ist die „Seek“- App äußerst nützlich – sie kann mithilfe der Kamera Ihres Mobiltelefons Baume, Pflanzen, Insekten und viele weitere Tierarten identifizieren. Ihre grundlegende Ausrüstung für die Tierbeobachtung besteht immer aus Ihren Augen und Ohren, ergänzt durch ein Fernglas und einen Feldführer – sei es in Buchform oder als App.

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Weitverbreitete Missverständnisse über Vogelbeobachtung oder Ornithologie

Sue: Eines der häufigsten Dinge, die Menschen über die Vögel sagen, wenn wir auf See sind, lautet: „Die sind aber weit von zu Hause entfernt“ – gemeint ist damit, dass sie weit entfernt vom Festland sind. Natürlich gibt es auch Landvogel, die das Meer bei ihrer Wanderung überqueren. Doch die Vögel, die wir auf hoher See am häufigsten sehen – Albatrosse, Sturmtaucher und Sturmvogel – sind Seevogel, und der Ozean ist ihr Zuhause. Ihre Nahrung finden sie im Meer, und sie kehren nur zur Fortpflanzung an Land zurück. Die nächsthäufigeren Fragen lauten: „Wie schlafen sie?“ und „Setzen sie sich zum Schlafen auf das Wasser?“ Seevogel schlafen auf ganz andere Weise als Menschen. Sie können im Flug schlafen, indem sie jeweils nur einen Teil ihres Gehirns abschalten, sodass sie weiterhin fliegen und funktionieren können, während sie sich gleichzeitig erholen. Sie können auch nur für wenige Sekunden am Stuck schlafen. Ein Vogel kann also Tausende solcher kurzen „Nickerchen“ an einem einzigen Tag machen!

Was sind Ihre Lieblingsorte zur Vogelbeobachtung weltweit?

Sue: Diese Fragen wir mit sehr oft gestellt. Doch wen es um meine Lieblingsorte zu Vogelbeobachtung geht, gilt: Jeder Ort ist besonders und beherbergt seine ganz eigenen, interessanten und einzigartigen Arten.

Welche Rolle spielt der Naturschutz in Ihrer Tätigkeit als Ornithologin, und wie vermitteln Sie den Gasten dessen Bedeutung?

Sue: Als Reisende und Naturgeisterte ist es wichtig, Maßnahmen zum Schutz von Vogeln und ihren Lebensraumen bewusst zu unterstützen. Wenn wir das nicht tun, wird es in Zukunft weniger Vogel zu beobachten geben. An Bord des Schiffes sprechen wir regelmassig über verbindliche Schutz- und Biosicherheitsmaßnahmen und setzen diese konsequent um. Ihre Missachtung wäre fahrlässig. In meinen Vorträgen gehe ich auch auf die Auswirkungen menschlichen Handelns auf bestimmte Arten ein sowie auf Maßnahmen, die wir oder andere zu deren Schutz ergreifen können. Das zentrale Anliegen für uns alle ist das Bewusstsein und der Respekt gegenüber der Tierwelt. Wir befinden uns in ihrer Welt – und wir sollten ihnen den nötigen Raum und Respekt entgegenbringen. Wir wurden es auch nicht schätzen, wenn Menschen ständig um unser Haus herumstehen, sich die Nasen an unseren Fenstern plattdrucken und Kameralinsen ins Gesicht halten. Wir müssen erkennen, wann unsere Anwesenheit das Verhalten der Tiere verändert – und uns dann zurückziehen. Ich erwähne auch häufig die Auswirkungen von Plastik, insbesondere auf See. Alte Luftballons und Plastiktuten toten beispielsweise Wale und Delfine, das sie sich in deren Magen ansammeln und die Tiere infolge von Nahrungsmangel verhungern. Dasselbe Schicksal erleiden auch Albatros-Küken, die mit Plastik gefuttert werden, das im Meer treibt.

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Können Sie eine prägende Erfahrung aus Ihren Reisen zur Vogelbeobachtung mit uns teilen?

Sue: Kürzlich war ich zur Vogelbeobachtung in Neuseeland. Ein besonderes Highlight waren dabei pelagische Ausfahrten, bei denen wir mit einem kleinen Boot mehrere Meilen hinausfuhren, anhielten und sogenanntes „Chum“ – also Fischabfalle und -reste – ins Wasser warfen. Die Vögel wittern dies sehr schnell dank ihres außergewöhnlichen Geruchssinns, und an einem Punkt waren wir von hundert Albatrossen und zahlreichen anderen Arten umgeben. Es war überwältigend, diese imposanten Tiere aus nächster Nahe zu sehen und sie über mehrere Stunden hinweg beobachten zu können!

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